Anthroposophie – Rudolf Steiners Biographie

Lebendiger Vortrag von Axel Burkart: Rudolf Steiner:
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Rudolf Steiner und die Anthroposophie

Anthroposophie (von griech. ἄνθρωπος ánthropos ‚Mensch‘ und σοφία sophίa ‚Weisheit‘) ist ein von Rudolf Steiner (*1861, †1925) begründeter „Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte“ (Lit.: GA 026, S 14) und in diesem Sinn «Bewußtsein seines Menschentums» (Lit.: GA 257, S 76). Während die überwiegend naturwissenschaftlich orientierte Anthropologie allein den äußerlich fassbaren Menschen beschreibt, will Anthroposophie darüber hinaus den nur innerlich erlebbaren seelischen und geistigen Menschen und die diesem durch konsequente Bewusstseinsschulung wahrnehmbare geistige Welt rein empirisch erforschen – ohne metaphysische Spekulation und unabhängig von jeglicher religiösen Dogmatik oder herkömmlichen Mystik. Rudolf Steiner hat die von ihm methodisch entwickelte Anthroposophie daher auch sinngemäß als anthroposophische Geisteswissenschaft bezeichnet, um auf die von ihm angestrebte, auf konkrete geistige Erfahrung gegründete, exakte wissenschaftliche Erforschung des Geistigen hinzuweisen.

„Unter Anthroposophie verstehe ich eine wissenschaftliche Erfor­schung der geistigen Welt, welche die Einseitigkeiten einer bloßen Natur-Erkenntnis ebenso wie diejenigen der ge­wöhnlichen Mystik durchschaut, und die, bevor sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt einzudringen, in der erkennenden Seele erst die im gewöhnlichen Bewußtsein und in der gewöhnlichen Wissenschaft noch nicht tätigen Kräfte entwickelt, welche ein solches Eindringen ermöglichen.“ (Lit.: GA 035, S 66)

Der heute weltweit vertretenen Anthroposophie entstammen fruchtbare Anregungen für vielfältigste Lebensbereiche, etwa für die Waldorfpädagogik und Heilpädagogik, die anthroposophisch erweiterte Medizin, die Heilmittel- und Kosmetikproduktion (Weleda, Wala), die biologisch-dynamische Landwirtschaft (Demeter), für praktisch alle Bereiche der Kunst (wie z.B. auch der Architektur), inklusive der neu aus der Anthroposophie hervorgegangenen Raumbewegungskunst Eurythmie, für die Dreigliederung des sozialen Lebens und das Finanzwesen (GLS Gemeinschaftsbank, Freie Gemeinschaftsbank), für die weitere Vertiefung der Goetheanistischen Naturwissenschaft, für die Christengemeinschaft als Bewegung für religiöse Erneuerung und für die laienpriesterliche Bewegung «Der freie christliche Impuls».
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…interessante Gedankengänge aus:

Steiner, Rudolf:
Mein Lebensgang.
Dornach (CH). Rudolf-Steiner-Verlag, 1983. GA 28

Auszug:

…Ein wesentlicher Teil im Umkreise der Ideen, durch die ich damals meine Anschauungen ausdrückte, war, daß mir die Sinneswelt nicht als wahre Wirklichkeit galt. Ich sprach mich in den Schriften und Aufsätzen, die ich damals veröffentlichte, stets so aus, daß die menschliche Seele in der Betätigung eines Denkens, das sie nicht aus der Sinneswelt schöpft, sondern in freier, über die Sinneswahrnehmung hinausgehender Tätigkeit entfaltet, als eine wahre Wirklichkeit erscheint. Dieses «sinnlichkeitsfreie» Denken stellte ich als dasjenige hin, mit dem die Seele in dem geistigen Wesen der Welt darinnen steht
Aber ich machte auch scharf geltend, daß der Mensch, indem er in diesem sinnlichkeitsfreien Denken lebt, auch wirklich sich bewußt in den geistigen Urgründen des Daseins befinde. Das Reden von Erkenntnisgrenzen hatte für mich keinen Sinn. Erkennen war mir das Wiederfinden der durch die Seele erlebten Geistes-Inhalte in der [163] wahrgenommenen Welt. Wenn jemand von Erkenntnisgrenzen sprach, so sah ich darinnen das Zugeständnis, daß er die wahre Wirklichkeit nicht geistig in sich erleben und sie deshalb auch in der wahrgenommenen Welt nicht wiederfinden könne.
Auf die Widerlegung der Anschauung von Erkenntnisgrenzen kam es mir beim Vorbringen meiner eigenen Einsichten in erster Linie an. Ich wollte den Erkenntnisweg ablehnen, der auf die Sinneswelt sieht und der dann nach außen durch die Sinneswelt zu einer wahren Wirklichkeit durchbrechen will.

Ich wollte darauf hindeuten, daß nicht in einem solchen Durchbrechen nach außen, sondern in dem Untertauchen in das Innere des Menschen das wahre Wirkliche zu suchen sei. Wer nach außen durchbrechen will, und dann sieht, daß dies eine Unmöglichkeit ist, der spricht von Erkenntnisgrenzen.

Es ist aber nicht deshalb eine Unmöglichkeit, weil das menschliche Erkenntnisvermögen begrenzt ist, sondern deshalb, weil man etwas sucht, von dem man bei gehöriger Selbstbesinnung gar nicht sprechen kann. Man sucht da gewissermaßen, indem man weiter in die Sinneswelt hineinstoßen will, eine Fortsetzung des Sinnlichen hinter dem Wahrgenommenen. Es ist, wie wenn der in Illusionen Lebende in weiteren Illusionen die Ursachen seiner Illusionen suchte.

Der Sinn meiner Darstellungen war damals dieser: Der Mensch tritt, indem er sich im Erdendasein von der Geburt an weiter entwickelt, der Welt erkennend gegenüber. Er gelangt zuerst zur sinnlichen Anschauung. Aber diese ist erst ein Vorposten des Erkennens. Es offenbart sich in dieser Anschauung noch nicht alles, was in der [164] Welt ist. Die Welt ist wesenhaft; aber der Mensch gelangt zuerst noch nicht zu diesem Wesenhaften. Er verschließt sich noch vor demselben. Er bildet sich, weil er sein eigenes Wesen noch nicht der Welt gegenüberstellt, ein Weltbild, das des Wesens entbehrt. Dieses Weltbild ist in Wahrheit eine Illusion. Sinnlich wahrnehmend steht der Mensch vor der Welt als einer Illusion. Wenn aber aus seinem Innern zu der sinnlichen Wahrnehmung das sinnlichkeitsfreie Denken nachrückt, dann durchtränkt sich die Illusion mit Wirklichkeit; dann hört sie auf, Illusion zu sein. Dann trifft der in seinem Innern sich erlebende Menschengeist auf den Geist der Welt, der für den Menschen nun nicht hinter der Sinneswelt verborgen ist, sondern in der Sinneswelt webt und West.

Den Geist in der Welt zu finden, sah ich (damals) nicht als eine Sache des logischen Schließens, oder der Fortsetzung des sinnlichen Wahrnehmens an; sondern als etwas, das sich ergibt, wenn der Mensch vom Wahrnehmen zum Erleben des sinnlichkeitsfreien Denkens sich fortentwickelt.

s. dazu auch:

„Heute ist die Naturwissenschaft dazu reif, sich hineinzuentwickeln in das Ergreifen des Geistigen“.
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Die Philosophie der Freiheit / R.Steiner
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Anthroposophische Leitsätze. Der Erkenntnisweg der Anthroposophie
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Audio-Einführungs-Zyklus in die Geisteswissenschaft von Marcus Baader: Rudolf Steiner – „Menschheitsentwicklung“
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