Das Soziales Hauptgesetz: …wer nur für sich arbeitet, muss dem Egoismus verfallen / Rudolf Steiner

„Wer für sich arbeitet, muß allmählich dem Egoismus verfallen. Nur wer ganz für die anderen arbeitet, kann nach und nach ein unegoistischer Arbeiter werden.“

Soziales Hauptgesetz

Rudolf Steiner nennt folgendes soziale Hauptgesetz, das aller menschlichen Arbeit zugrunde liegen muss, wenn sie sich als heilsam für den sozialen Organismus erweisen soll:

„«Das Heil einer Gesamtheit von zusammenarbeitenden Menschen ist um so größer, je weniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht, das heißt, je mehr er von diesen Erträgnissen an seine Mitarbeiter abgibt, und je mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht aus seinen Leistungen, sondern aus den Leistungen der anderen befriedigt werden.» Alle Einrichtungen innerhalb einer Gesamtheit von Menschen, welche diesem Gesetz widersprechen, müssen bei längerer Dauer irgendwo Elend und Not erzeugen – Dieses Hauptgesetz gilt für das soziale Leben mit einer solchen Ausschließlichkeit und Notwendigkeit, wie nur irgendein Naturgesetz in bezug auf irgendein gewisses Gebiet von Naturwirkungen gilt. Man darf aber nicht denken, daß es genüge, wenn man dieses Gesetz als ein allgemeines moralisches gelten läßt oder es etwa in die Gesinnung umsetzen wollte, daß ein jeder im Dienste seiner Mitmenschen arbeite. Nein, in der Wirklichkeit lebt das Gesetz nur so, wie es leben soll, wenn es einer Gesamtheit von Menschen gelingt, solche Einrichtungen zu schaffen, daß niemals jemand die Früchte seiner eigenen Arbeit für sich selber in Anspruch nehmen kann, sondern doch diese möglichst ohne Rest der Gesamtheit zugute kommen. Er selbst muß dafür wiederum durch die Arbeit seiner Mitmenschen erhalten werden. Worauf es also ankommt, das ist, daß für die Mitmenschen arbeiten und ein gewisses Einkommen erzielen zwei voneinander ganz getrennte Dinge seien.“ (Lit.: GA 034, S. 213)

Das soziale Hauptgesetz bildet die Grundlage für ein gesundes, brüderliches Wirtschaftsleben im Sinne der sozialen Dreigliederung.

„Wer nämlich das Leben wirklich untersucht, der kann finden, daß eine jede Menschengemeinschaft, die irgendwo existiert, oder die nur jemals existiert hat, zweierlei Einrichtungen hat. Der eine dieser beiden Teile entspricht diesem Gesetze, der andere widerspricht ihm. So muß es nämlich überall kommen, ganz gleichgültig, ob die Menschen wollen oder nicht. Jede Gesamtheit zerfiele nämlich sofort, wenn nicht die Arbeit der einzelnen dem Ganzen zufließen würde. Aber der menschliche Egoismus hat auch von jeher dieses Gesetz durchkreuzt. Er hat für den einzelnen möglichst viel aus seiner Arbeit herauszuschlagen gesucht. Und nur dasjenige, was auf diese Art aus dem Egoismus hervorgegangen ist, hat von jeher Not, Armut und Elend zur Folge gehabt.“ (Lit.: GA 034, S. 213f)

„Es ist klar, daß dieses Gesetz nichts Geringeres besagt als dieses: Die Menschenwohlfahrt ist um so größer, je geringer der Egoismus ist. Man ist also bei der Umsetzung in die Wirklichkeit darauf angewiesen, daß man es mit Menschen zu tun habe, die den Weg aus dem Egoismus herausfinden. Das ist aber praktisch ganz unmöglich, wenn das Maß von Wohl und Wehe des einzelnen sich nach seiner Arbeit bestimmt. Wer für sich arbeitet, muß allmählich dem Egoismus verfallen. Nur wer ganz für die anderen arbeitet, kann nach und nach ein unegoistischer Arbeiter werden.“ (Lit.: GA 034, S. 214)

GA 186. Seite 209:
„Und das dritte ist: Der Mensch muß in voller Gewalt kennenlernen, wenn er sich gegen die Zukunft hin entwickelt, den Impuls der Selbstsucht, des Egoismus. Unser Zeitalter ist dazu angetan, dem Menschen klarzumachen, wie er, wenn er sich seiner Natur überläßt, ein egoistisches Wesen ist. Man muß erst alle Quellen des Egoismus in der menschlichen Natur erforschen, um den Egoismus zu überwinden. Liebe tritt erst auf als das Gegenstück zur Selbstliebe. Man muß über den Abgrund der Selbstliebe hinüberkommen, wenn man dasjenige kennenlernen will, was als soziale Wärme die soziale Struktur der Gegenwart und der Zukunft durchdringen soll, namentlich wenn man es nicht bloß in der Theorie, sondern in voller Praxis kennenlernen will.“ – …

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Heilsam ist nur, wenn
Im Spiegel der Menschenseele
Sich bildet die ganze Gemeinschaft
Und in der Gemeinschaft
Lebet der Einzelseele Kraft.

5. November 1920 Rudolf Steiner für Edith Maryon
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