Die Sonne, der Mensch und das Mysterium von Golgatha / Rudolf Steiner

Es wird bei diesem Thema dringend empfohlen, sich erst mit den Grundlagen der Anthroposophie zu beschäftigen:
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Aus:

RUDOLF STEINER
Die Wissenschaft vom Werden des Menschen – GA 183

Neun Vorträge, gehalten in Dornach
vom 17. August bis 2. September 1918

VIERTER VORTRAG
Dornach, 24. August 1918

Inhaltsübersicht:—————————————————————————
Wenn man eine Zeit, in der man selbst lebt, verstehen will, so muß man sie aus größeren Weltenzusammenhängen heraus verstehen…
Mit unserer Erde sind einige andere Planeten verbunden, die mit ihr zusammen um die Sonne kreisen; dann sind unzählige andere Fixsterne da, die wiederum ihre Planeten haben. – Und wenn dann der Mensch darauf achtet, was er eigentlich, indem er sich so etwas überlegt, für einen Gedanken hat, so muß er sich doch sagen, er hat den Gedanken einer großen Weltmaschinerie…
Diese Sonne, von der die Physik spricht, diese Sonne ist nur ein Element in der ganzen Sonne. Dieser Sonne liegt zugrunde ein Seelisches und ein Geistiges…
Diese Sonne, von der die Physik spricht, diese Sonne ist nur ein Element in der ganzen Sonne. Dieser Sonne liegt zugrunde ein Seelisches und ein Geistiges…
Mit der Sonnenverehrung war verbunden für diejenigen, die etwas wußten, die Christus-Verehrung…
Mit der Gründung Roms schwindet eigentlich die alte Möglichkeit, in dem Kosmos draußen das Geistige zu sehen…
Die römisch gefärbte christliche Kirche hatte sich namentlich zur Aufgabe zu machen, das Christus-Mysterium möglichst zu verhüllen…
Das ganze Gesetz von der Erhaltung des Stoffes und der Kraft ist lediglich ein Aberglaube…
In nichts anderem können Sie etwas Bleibendes, etwas, was mit dem Begriffe der Ewigkeit angesprochen werden kann, suchen, in nichts anderem als in dem Menschen…
Der Christus mußte aus dem Weltenall zu dem Menschen kommen, wenn er mit dem Menschen den Gang in die Ewigkeit antreten wollte…
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VIERTER VORTRAG – Kurzauszug:

Wenn man eine Zeit, in der man selbst lebt, verstehen will, so muß man sie aus größeren Weltenzusammenhängen heraus verstehen. Das ist
gerade das Kleinliche der gegenwärtigen Zeit, daß man nicht will die Impulse, die Kräfte, die wirksam sind in der Gegenwart, aus größerem Zusammenhang heraus sich klarmachen. Und insbesondere wird es immer wieder und wiederum notwendig sein, um das eine oder das andere gegenwärtig Wirksame zu verstehen, zurückzugreifen zu den Verhältnissen, durch welche die Menschheitsentwickelung gegangen ist zur Zeit des Mysteriums von Golgatha. Dieses Mysterium von Golgatha, wir haben es ja von den verschiedensten Gesichtspunkten aus dargestellt und haben gesehen, wie tief, wie bedeutsam es eingreift in den ganzen Evolutionsgang, die ganze Entwickelung der Menschheit.

Wir wissen, daß die Menschen vor dem Mysterium von Golgatha anders die Welt empfanden, anders anschauten als nach dem Mysterium von Golgatha. Natürlich geht das nicht so auf einmal aus dem einen Zustand in den andern Zustand über. Aber der rückschauenden
Betrachtung ergibt sich schon dasjenige, was wir von den verschiedensten Gesichtspunkten aus dargelegt haben. Insbesondere möchte
ich heute, um eine gewisse Grundlage für die nächsten Betrachtungen zu finden, auf eines hinweisen.

Wenn wir die Stimmung, die Verfassung der Menschenseelen vor dem Mysterium von Golgatha betrachten, so können wir im allgemeinen sagen, daß innerhalb der Kulturmenschheit, also derjenigen Menschheit, aus der die heutige Kulturmenschheit hervorgegangen ist, vor dem Mysteruim von Golgatha eine gewisse Fähigkeit in den Seelen vorhanden war, in die Geheimnisse der kosmischen, geistigen Welt hineinzuschauen. Es war für die Menschen vor dem Mysterium von Golgatha gewissermaßen selbstverständlich, nicht so zum Sternenhimmel hinaufzuschauen, wie heute der Mensch zum Sternenhimmel hinaufschaut.

Wir wissen ja, heute schaut der Mensch zum Sternenhimmel hinauf, indem er sich sagt: Mit unserer Erde sind einige andere Planeten verbunden, die mit ihr zusammen um die Sonne kreisen; dann sind unzählige andere Fixsterne da, die wiederum ihre Planeten haben. – Und wenn dann der Mensch darauf achtet, was er eigentlich, indem er sich so etwas überlegt, für einen Gedanken hat, so muß er sich doch sagen, er hat den Gedanken einer großen Weltmaschinerie. Daß da noch anderes waltet und wirkt als die Kräfte dieser großen Weltmaschinerie, das macht sich der Mensch der Gegenwart nur sehr, sehr wenig klar.
Das war mehr oder weniger für den Menschen vor dem Mysterium von Golgatha selbstverständlich. Insbesondere war für ihn selbstverständlich, die Sonne zum Beispiel nicht bloß als dasjenige anzuschauen, als was sie der heutige Physiker anschaut, roh gesprochen, eine Art glühender Kugel im Weltenraume draußen, sondern der Mensch vor dem Mysterium von Golgatha wußte ganz genau: Diese Sonne, von der die Physik spricht, diese Sonne ist nur ein Element in der ganzen Sonne. Dieser Sonne liegt zugrunde ein Seelisches und ein Geistiges. Und das Geistige, das dieser Sonne zugrunde liegt, sprach ja noch der griechische Weise als das allgemeine Weltgute an, als das Gute der Welt, als das einheitliche, die Welt durchwallende Gute. Das war ihm der Geist der Sonne.

Ihm wäre es, diesem griechischen Weisen, als stärkster Aberglaube vorgekommen, so zu denken, wie der heutige Physiker denkt, daß da draußen
im Weltenraume einfach eine glühende Kugel schwebe; sondern ihm war diese glühende, schwebende Kugel die Offenbarung des einheitlich Guten, das in der Welt zentral wirksam ist. Und mit diesem zentralen Guten, das geistiger Art ist, ist wiederum verbunden ein Seelisches: der Helios, wie es die Griechen nannten. Und erst das dritte, der physische Ausdruck des Guten und des Helios, war dann die physische Sonne.

Es sah also der Mensch damals an Stelle der Sonne ein Dreifaches. Und mit diesem Dreifachen, das in der Sonne in alten Zeiten gesehen worden ist, brachten diejenigen Menschen, welche in der Zeit des Mysteriums von Golgatha dachten – ausgerüstet mit dem Wissen dieses Mysteriums von Golgatha, ausgerüstet mit dem Wissen der alten Mysterien -, mit diesem dreifachen Sonnenmysterium brachten diese Weisen das Christus-Mysterium zusammen, das Mysterium von Golgatha selber. Mit der Sonnenverehrung war verbunden für diejenigen, die etwas wußten, die Christus-Verehrung. Mit der Sonnenweisheit war wiederum für diejenigen, die etwas wußten, verbunden die Christus-Weisheit.

Um aber das, was ich jetzt auseinandergesetzt habe, naturgemäß zu fühlen, als etwas Selbstverständliches zu empfinden, dazu war eben die
Konstitution der Seele notwendig, die damals da war. Und diese Konstitution der Seele verschwand eben. Sie verschwand schon seit dem
8. vorchristlichen Jahrhundert, mit dem Jahre 747 – dies ist die wirkliche Gründungszahl von Rom – vor dem Mysterium von Golgatha.

Mit der Gründung Roms schwindet eigentlich die alte Möglichkeit, in dem Kosmos draußen das Geistige zu sehen. Mit dem Eintritt
Roms in die Geschichte tritt das in die Menschheitsevolution ein, was man das prosaische Element nennen kann. Die Griechen zum Beispiel bewahrten in ihrer ganzen Weltanschauung noch die Möglichkeit, hinter der Sonne eben die zwei andern Sonnen, die seelische und
die geistige Sonne zu sehen. Und nur dadurch, daß nun nicht rein in griechische Weisheit und in griechisches Empfinden das Mysterium
von Golgatha getaucht worden ist, sondern in römische Weisheit und in römisches Empfinden, dadurch ist es gekommen, daß man gebrochen hat mit dem Wissen von dem Zusammenhang des Christus mit der geistigen Sonne.
Damit haben sich ja namentlich die christlichen Kirchenväter und die christlichen Kirchenlehrer zu befassen gehabt, dieses Mysterium von der Sonne zu verhüllen, dieses Mysterium von der Sonne für die Menschheit vergessen zu machen, es nicht herauskommen zu lassen. Es sollte gewissermaßen ein Schleier gebreitet werden durch die fortgehende Entwickelung des Christentums, wie man das nennt, über die tiefe, die bedeutsame, die umfassende Weisheit von dem Zusammenhange des Christus mit dem Sonnenmysterium.

Wenn man definieren sollte die Aufgabe der Kirche, jener Kirche, die entstanden ist dadurch, daß das Christentum in das Römertum
eingesenkt worden ist, dann müßte man dies so tun, daß man sagte:
Die römisch gefärbte christliche Kirche hatte sich namentlich zur Aufgabe zu machen, das Christus-Mysterium möglichst zu verhüllen, es möglichst wenig bekanntwerden zu lassen. –
Die Einrichtung, welche die Kirche durch den Romanismus erfahren hat, die ist insbesondere geeignet gewesen, die Menschen so wenig wie möglich von dem Christus-Geheimnis wissen zu lassen. Die Kirche war dadurch eine Institution zur Geheimhaltung des Christus-Mysteriums
geworden, eine Institution geworden, möglichst wenig in die Welt kommen zu lassen von dem Christus-Mysterium. Dies ist etwas, was
immer mehr und mehr in der jetzigen Zeit der Menschheit klarwerden muß, weil beginnen muß diejenige Zeit, welche in der Lage ist, wiederum mit andern Begriffen zu arbeiten als mit den römischen Begriffen. Römische Begriffe haben gerade das Scharfumrissene, das Scharf konturierte, das Kadaverhafte. Diejenigen Begriffe, welche entwickelt werden, um zum Beispiel den Menschen in seiner Wahrheit zu
begreifen, wie ich ihn in seiner Normalaura, möchte ich sagen, Ihnen vor acht Tagen hier auf die Tafel gezeichnet, skizziert habe, die Be-
griffe, die notwendig sind, um die wahre Wirklichkeit des Menschen wieder zu erfassen und damit die wahre Wirklichkeit der Welt einigermaßen zu begreifen, diese Begriffe müssen flüssig sein, diese Begriffe dürfen nicht scharf konturiert sein, denn die Wirklichkeit ist
nichts Starres, sondern etwas Werdendes.

Und wollen wir mit unseren Begriffen und Ideen die Wirklichkeit erfassen, so müssen wir mit unseren Begriffen dem Fluß, dem Werden der Wirklichkeit nachschreiten.
Wenn außer acht gelassen wird dieses Flüssigwerden der Begriffe, dann kommt das zustande, was heute zum Unheil der Menschheit an
zahlreichen Orten beobachtet werden kann…

Begriffe, die der Materialismus herausgearbeitet hat und die geradezu als unanfechtbar gelten, sie gehören zu demjenigen, was gewissermaßen am gründlichsten überwunden werden müßte. Nichts begegnet einem ja heute häufiger aus der sogenannten Autorität der Wissenschaft heraus als dasjenige, was genannt wird das Gesetz von der Erhaltung der Energie und des Stoffes, Erhaltung von Kraft und Stoff.

Das ist dasjenige, was ganz besonders der Menschheit ans Herz gewachsen ist. Die ganz und gar mechanistisch, physikalisch gewordene
Weltanschauung will sich betäuben gegenüber dem Vorhandensein des Geistes. Da sie den Geist nicht anerkennen will, kann sie dem
Geist auch nicht Dauer, nicht Ewigkeit zuschreiben; sie schreibt die Ewigkeit ihrem kleinen Götzen, dem Atom, oder überhaupt dem Stoff
oder der Kraft zu. Aber, die Wahrheit ist, daß von alldem, was Sie sinnlich anschauen können, was Sie da stofflich und als Kräfte in der
Welt umgibt, nach den Gesetzen des Weltenalls nichts, aber auch gar nichts über die Stufe des Venuszeitalters hinaus existieren wird. Wir
wissen, daß auf die Evolution der Erde die Jupiterevolution folgt, und auf die Jupiterevolution die Venusevolution, dann die Vulkanevolution.
So wie sich der Mensch in verschiedenen Verkörperungen wiederfindet, so findet sich die Erde wieder als Jupiter, nach der Jupiterevolution als Venus, nach der Venusevolution als Vulkan. Dasjenige, was heute von irgendeinem physikalischen Experiment als Stoff und Stoffgefüge gefunden werden kann, es hat nicht Bestand über das Venusdasein hinaus. Es gibt keine Erhaltung des Stoffes und der Kraft – solchen Stoffes, solcher Kraft, von der die Physiker sprechen können – über das Venusdasein hinaus.

Das ganze Gesetz von der Erhaltung des Stoffes und der Kraft ist lediglich ein Aberglaube, ist dasjenige, wovon alle physikalischen Begriffe beherrscht werden.
Aber etwas wird zugedeckt, indem man geradezu davon spricht, die Welt bestehe aus unzerstörbarem Stoff, der sich immer in andern
Gruppierungen ergibt. Zugedeckt wird das, was als Antwort kommen muß, wenn man die Frage aufwirft: Ja, was bleibt denn dann, wenn
alles das, was unsere Sinne in weiterem Umkreise umgibt, schon nicht mehr da sein wird, wenn die Venuszeit gekommen oder in ihrer
Mitte angelangt sein wird ? Was bleibt dann ? Wo ist denn irgend etwas, was bleibt?

Nun, richten Sie Ihre Augen hinaus in den weiten Umkreis, den Sie überschauen können. Schauen Sie sich alles, alles an, schauen Sie sich
die Gesamtheit des mineralischen, des pflanzlichen, des tierischen, des menschlichen Reiches an; schauen Sie sich an alles dasjenige, was Sie
sehen können als Sterne, Lichterscheinungen, alle Lufterscheinungen, alle Wassererscheinungen, sehen Sie hin, wo Sie hinsehen wollen, fassen Sie alles zusammen, was Sie irgendwie in Ihren äußeren Sinneswahrnehmungen zusammenfassen können und stellen Sie sich die Frage: Wo ist etwas, was von unserem jetzigen Dasein bleibt? –

In keinem Tier, in keiner Pflanze, in keinem Mineral, in keiner Luft, in keinem Wasser, nirgends als nur im Menschen! In allem, was Sie
heute sehen können, ist nichts enthalten, was regelrecht über das Venusdasein hinausgeht, als einzig und allein der Mensch selber. In
nichts anderem können Sie etwas Bleibendes, etwas, was mit dem Begriffe der Ewigkeit angesprochen werden kann, suchen, in nichts
anderem als in dem Menschen. Das heißt: Suchen wir die Keime für die wahre Weltenzukunft, wo müssen wir sie suchen? – Wir müssen sie
im Menschen suchen!

Wir können sie bei keinem andern Geschöpf, in keinem Naturreiche suchen. Aber durch die Naturreiche haben die alten Menschen vor dem Mysterium von Golgatha das kosmische All, geistig natürlich, gesehen. Wenn wir die Sonne nehmen: Sie haben einen glühenden Ball gesehen, aber sie haben durch den glühenden Ball den Helios und das Gute gesehen. Doch dieser glühende Sonnenball wird nicht länger vorhanden sein als das Venusdasein; dann ist er weg. Und alles dasjenige, wodurch man wie die Alten als durch einen Schleier die Konstituion irgendeines geistigen Daseins gesehen hat, es wird weg sein. Und von alledem, was jetzt da ist, bleibt für die Zukunft nur das, was in den Menschen keimhaft veranlagt ist.

Was ist denn also eigentlich geschehen? Die Menschen haben vor dem Mysterium von Golgatha hinausgesehen in das weite Weltenall;
sie haben gesehen Sterne über Sterne, sie haben gesehen die Sonne und den Mond, sie haben gesehen Luft und Wasser, die verschiedenen
Reiche. Aber sie haben sie nicht so angeschaut wie der heutige Mensch, sondern sie haben hinter alldem das geistig-göttliche Dasein geschaut,
und sie haben hinter alldem den Christus, der noch nicht zur Erde niedergestiegen war, geschaut. In diesen alten Zeiten hat man den
Christus verbunden mit dem Kosmos, außerirdisch hat man ihn gesehen. In all dem, worinnen man den Christus gesehen hat, ist nichts,
was über das Venusdasein hinaus dauert. Alles, wodurch sich in den Zeiten vor dem Mysterium von Golgatha dem Menschen das Geistige
enthüllt hat und auch der Christus im Kosmos, hat nur einen Bestand bis zum Venusdasein. Die Menschen lebten vor dem Mysterium von
Golgatha mit dem Himmel, aber dieser Himmel ist so sinnlich, daß er auch mit dem Venusdasein verschwindet. Was über das Venusdasein
hinaus bleibt, das hat seine Keime nur im Menschen. Der Christus mußte aus dem Weltenall zu dem Menschen kommen, wenn er mit dem
Menschen den Gang in die Ewigkeit antreten wollte.

Weil das alles so ist, wie ich es Ihnen jetzt geschildert habe, deshalb stieg der Christus aus dem Kosmos herab, um fortan mit dem zu sein, was als Keim im Menschen in die Ewigkeit hinaus dauert.
Das ist das große kosmische Ereignis, das man verstehen muß. Die Menschen vor dem Mysterium von Golgatha konnten den Gott, den
Christus im Weltenall verehren. Die Menschen, die darauf kommen mußten – und es ist die Zeit seit dem Mysterium von Golgatha immer
mehr und mehr darauf gekommen, daß nur im Menschen der Keim ist für die ewige Weltenzukunft -, diese Menschen mußten einen
Christus haben nicht im Weltenall draußen, das zerfällt, sondern vereint mit dem Menschen, mit der menschlichen Organisation, mit dem
menschlichen Reiche. Wörtlich wahr ist es: Dasjenige, was da ist im weiten Umkreis der Sinne als Sterne, als Himmelskörper, es wird
vergehen. Aber das Wort, der Logos, der erschienen ist in dem Christus, und der sich vereinigt mit dem ewigen Wesenskern des
Menschen, der wird bleiben. Und das ist eine wörtliche Wahrheit, wie die Dinge in den wirklichen okkulten, religiösen Urkunden wörtliche Wahrheiten sind.

Das aber ist auch der Grund, warum wir gewissermaßen einen Dualismus in der Namengebung haben müssen – ich habe darauf schon
hingedeutet -, in der Namengebung Christus Jesus. Den Christus, der dem außerirdischen Weltenall angehört, dieses geistige Wesen, das vor
dem Mysterium von Golgatha nicht mit den Menschen der Erde verbunden war, muß man auf der einen Seite erkennen; das darf nicht
vergessen werden, denn das ist heruntergestiegen und hat sich mit der Menschennatur, mit dem Jesus verbunden. In dem Dualismus Christus Jesus liegt dasjenige, was notwendig ist, zu verstehen. In dem Christus muß man das Kosmisch-Geistige sehen; in dem Jesus muß man dasjenige sehen, durch welches dieses Kosmisch-Geistige in die historische Entwickelung eingetreten ist und sich so mit der Menschheit verbunden hat, daß es mit dem Menschenkeim nun weiter in die Ewigkeiten leben kann.

Dieses mit den alten Mysterien zusammenhängende Christusgeheimnis zu verhüllen, zu entstellen, das war gewissermaßen die Aufgabe der Kirche in den verflossenen Jahrhunderten. Und versuchen Sie einmal, den Werdegang der Menschheit in diesen verflossenen Jahrhunderten wirklich zu studieren, versuchen Sie sich klarzumachen, wie es denjenigen einzelnen Menschen gegangen ist, welche den Christus Jesus wirklich suchen wollten, die wirklich den Weg finden wollten zu dem Christus Jesus: es war immer ein Märtyrerweg. Er mußte immer gesucht werden, der Christus Jesus, gegen die Konventionen, wie er ja auch heute selbstverständlich gegen dasjenige, was von den Konventionen geblieben ist, gesucht werden muß. Aber man kann dem Christus-Geheimnis nicht nahekommen, wenn man es nicht verbindet mit dem Naturgeheimnis.

Sie sehen, die Notwendigkeit, die wir vor unsere Seele hingestellt haben, von dem Herunterkommen des Christus aus kosmischen
Höhen zu dem Menschenkeim, das Geheimnis von dem Jesus-Werden des Christus, man kann es nur verstehen, wenn eine Einheit wird
Naturbetrachtung, Weltbetrachtung, Kosmologie und die Wissenschaft von dem Werden des Menschen und des Göttlichen in der Menschheit. Das möchte man gerade von einer gewissen Seite her vermeiden, daß Naturwissenschaft zu gleicher Zeit Geisteswissenschaft und Geisteswissenschaft zu gleicher Zeit Naturwissenschaft werde.

Das ist ja das Bestreben der meisten Theologen, und auf der andern Seite wiederum das Bestreben der meisten Naturgelehrten der Gegenwart, daß eine Schranke aufgerichtet werde zwischen der Naturwissenschaft auf der einen Seite und der Geisteswissenschaft auf der andern Seite. Nur ja soll nicht über den Christus Jesus etwas gesagt werden, was zu gleicher Zeit zusammenhängt mit der Erdenevolution, und nur ja soll nicht über die Erdenevolution, das heißt über ihre einzelnen Teile etwas gesagt werden, was zusammenhängt mit dem großen geistigen Mysterium.

…Die Brücke zu schaffen zwischen dem Naturwissen, überhaupt zwischen dem Wissen des Wahrgenommenen und dem Wissen desjenigen, zu dem die Sünde, zu dem die Erlösung, kurz, zu dem die religiösen Wahrheiten gehören, die Brücke zu schaffen zwischen diesen zwei Gebieten, das kann nur geschehen, wenn man den Mut haben wird, in das Geistige wirklich real einzudringen. Aber auch über die Lebenswahrheiten wird man nichts Vernünftiges wissen können, wenn man nicht den Mut hat, in das Geistige real, wirklich einzudringen. Zum Eindringen in das geistig Reale gehört vor allen Dingen diese Möglichkeit: wiederum etwas zurückzublicken zu dem dreifachen Sonnenmysterium der alten Zeit, aber in dem neuen Sinne, wie es der gegenwärtigen Menschheit angemessen ist.

Geradeso wie die Sonne eine Dreiheit ist, so ist ja der Mensch auch eine Dreiheit.
Aber es handelt sich darum, daß wir diesen dreifachen Menschen wirklich studieren. Das ist Wichtigstes für die Gegenwart: den dreifachen Menschen zu studieren…

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