DAS WESEN DES GEBETES – Rudolf Steiner

Aus:
Öffentliche Vorträge – GA 58 Pfade der Seelenerlebnisse

…Diese besondere Art mystischer Versenkung wurde dadurch charakterisiert, daß der Mystiker versucht, frei und unab­hängig zu werden von all jenen Erlebnissen, die durch die äußere Welt in unserer Seele angeregt werden, und daß er versucht vorzudringen zu jener Erfahrung, zu jenem Er­lebnis, das ihm zeigt: wenn auch alles aus unserer Seele, was den gewöhnlichen Ereignissen des Tages entstammt, aus-gelöscht wird, und sozusagen die Seele sich in sich selbst zu­rückzieht, so bleibt innerhalb dieser menschlichen Seele eine Welt für sich, eine Welt, die ja immer da ist, die nur über-leuchtet wird von den sonst so mächtig und gewaltig auf den Menschen wirkenden äußeren Erlebnissen, und die des­halb zunächst nur als ein schwaches Licht erscheint; als ein so schwaches Licht, daß sie wohl von vielen Menschen gar nicht beachtet wird. Darum nennt der Mystiker diese innere Seelenwelt zunächst das «Fünklein ». Aber er ist sich klar, daß dieses unscheinbare Fünklein seiner Seelenerlebnisse an­gefacht werden kann zu einer mächtigen Flamme, die dann erleuchtet die Quellen und Untergründe des Daseins; mit anderen Worten: die den Menschen auf dem Wege in die eigene Seele hinführt zu der Erkenntnis seines eigenen Ur­sprunges, was man ja wohl « Gott-Erkenntnis » nennen kann…

Allerdings durch die Entwickelung der letzten Jahr­hunderte in geistiger Beziehung ist das Wesen des Gebetes in der mannigfaltigsten Weise von dieser oder jener Geistes-strömung verkannt worden. Daher wird es heute nicht leicht sein, zu dem wahren Wesen des Gebetes vorzudrin­gen. Wenn wir bedenken, daß mit aller geistigen Entwicke­lung der letzten Jahrhunderte ja verknüpft war etwas, was man nennen könnte ein Hervortreten namentlich egoisti­scher Geistesströmungen, von denen weite Kreise ergriffen worden sind, so wird es nicht verwunderlich sein, daß ge­rade das Gebet mit hineingezogen worden ist in die egoisti­schen Wünsche, in die egoistischen Begierden der Menschen. Und man darf wohl sagen: Kaum ist durch etwas anderes das Gebet mehr mißzuverstehen als durch das Durchtränkt-sein mit irgend einer Form des Egoismus. In diesem Vor­trage soll versucht werden, das Gebet ganz unabhängig von irgend einer Partei- oder sonstigen Richtung, rein aus den geisteswissenschaftlichen Voraussetzungen heraus zu unter­suchen.
Wenn man das Gebet kennenlernen will – das sei nur zu einer vorläufigen Verständigung gesagt -, so könnte man sagen: Während der Mystiker voraussetzt, daß er in seiner Seele irgend ein kleines Fünkchen finden werde, das dann weiter leuchten und weiter brennen kann durch seine mystische Versenkung, so will der Betende gerade jenes Fünk­chen, jenes selbsteigene Seelenleben erst erzeugen. Und das Gebet, aus welchen Voraussetzungen heraus es auch auf­trete, erweist sich dadurch gerade in seiner Wirksamkeit, daß es die Seele anregt, jenes Fünkchen des Mystikers all­mählich entweder aufzufinden, wenn es da ist und, verbor­gen zwar, in der Seele leuchtet, oder aber es selbst zum Aufleuchten zu bringen. Wenn wir das Bedürfnis nach Gebet, das Wesen des Gebetes untersuchen wollen, müssen wir aber eingehen auf eine Charakteristik der menschlichen Seele in ihren Tiefen, von denen wir ja in einem der vor­hergehenden Vorträge sagten, daß auf sie so recht anwend­bar ist der Spruch des alten griechischen Weisen Heraklit:
Der Seele Grenzen wirst du niemals finden, und wenn du auch alle Straßen durchliefest; so weit ist das, was sie mit ihren Geheimnissen umschließt.
Und wenn auch der Be­tende zunächst nur auf der Suche ist nach den Geheimnissen der Seele, so darf man doch sagen: Aus jenen Stimmungen intimster Art heraus, welche durch das Gebet angeregt wer­den können, erahnt selbst der naivste Mensch etwas von den unendlichen Weiten des Seelenlebens. Wir müssen diese Seele, wie sie in uns lebt und uns lebendig vorwärts bringt, in ihrer Entwickelung einmal in folgender Weise erfassen:
Wir müssen uns klar werden, daß so etwas, was wie die Seele in lebendiger Entwickelung lebt, nicht nur von der Vergangenheit kommt und in die Zukunft weiterschreitet, sondern daß sie in jedem Augenblick ihres gegenwärtigen Lebens etwas in sich trägt von der Vergangenheit – und sogar in gewisser Weise etwas von der Zukunft. In den Augenblick, den wir die Gegenwart nennen, erstrecken sich hinein, insbesondere für das Seelenleben, die Wirkungen von der Vergangenheit und die Wirkungen, die wie aus der Zukunft uns entgegeneilen…
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Das Vaterunser

„Wenn man von Gebet spricht im christlichen Sinne, muss man sich vor allen Dingen klarmachen, dass die Form des Gebetes kaum etwas anderes darstellt als die Versenkung, die Hingabe an das Göttliche. In denjenigen großen Religionen, die diese Hingabe mehr in gedanklicher Versenkung zu erreichen suchen, spricht man von Meditation; bei denjenigen Religionen, wo die Hingabe mehr vom Herzen als vom Kopfe ausgeht, mehr von der Persönlichkeit ausgeht, nennt man diese Hingabe Gebet. In der christlichen Religion hat diese Hingabe einen persönlichen Charakter bekommen; in den alten Religionen war sie viel mehr Unbewusstes, Unpersönliches. Der Mensch hat vor Jahrtausenden schon gewusst, dass es ein Ewiges, ein Göttliches gibt. Beispiel vom Sklaven, der sich sagt: Ein Leben unter vielen. – Lebenshoffnung, Mut, Kraft und Sicherheit lebten darum damals in den Menschen. Eine Art Hinausblicken vom Zeitlichen ins Ewige war es. Es musste aber für die Menschheit ein Zeitalter kommen, wo der Mensch persönlich zu seinem Gotte aufsieht. Das exoterische Christentum sagt: Von der Persönlichkeit, die von der Geburt bis zum Tode geht, hängt ungemein viel ab. So nahm darum die Meditation auch diesen persönlichen Charakter des Gebets an. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es im Christentum ein Urgebet gibt: «Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.»

Wenn Sie diese Stimmung erzeugen, dann haben Sie ein christliches Gebet. Dasjenige Gebet, das für seine Persönlichkeit, für seine Angelegenheiten bittet, ist kein christliches Gebet. Da sind zum Beispiel zwei Heere, die zur Schlacht gerüstet sind, beide beten um Sieg. – Zwei Bauern, der eine bittet um Regen, der andere um Sonnenschein. Was soll der Gott tun? Mit solchen persönlichen Wünschen und Begehren hat das wahre christliche Gebet nichts zu tun. Das persönliche Gebet, das wahre Gebet, kann auch bei persönlicher Bitte da sein, aber der oberste Grundsatz muss dabei sein: «Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!» Damit ist aus dem christlichen Urgebet des Christus Jesus, des Herrn, heraus die Stimmung angegeben, die das Gebet haben soll. Es gibt viele christliche Gebete, aber das Vaterunser, das christliche Urgebet, ist dasjenige, von dem man sagen kann, dass es kaum etwas gibt auf der Welt, was
so viel und so wichtiges enthält, wie dieses Vaterunser. Und dann erinnern wir uns daran, wie der Christus Jesus dieses Gebet einsetzt. «Wenn du betest, so gehe in dein Kämmerlein», sagt er.

Überall, in allen Religionen finden Sie Meditationsformeln, Zauberformeln. Diese Zauberformeln haben meditativ sogar die gleiche Bedeutung wie die Meditationen. Der Mensch hat sich seinem Gotte damit meditativ hingeben wollen, auch durch Zauberüben hat er sich seinem Gotte hingeben wollen. Der Christus Jesus aber mahnt: «Ihr sollt nicht beten um das, was auf der Straße geschieht, ihr sollt tief, tief in euer Inneres gehen, wenn ihr betet.» Es lebt in dem Menschen etwas von der göttlichen Wesenheit, ein Tropfen der göttlichen Wesenheit lebt im Menschen, der von demselben Stoffe ist wie die Gottheit. – Das ganze Meer und der Tropfen Wasser sind auch vom selben Stoffe.

Und nun wollen wir einmal so, wie es in den ersten esoterischen Schulen üblich war, das Weltenall und den Menschen betrachten. Wir wollen dazu zurückgehen bis zu dem Zeitpunkt, wo die Menschenleiber, die sich vorbereiteten, gleichsam warteten auf den göttlichen Keim der Menschenseele, der sich aus der Gottheit heruntersenkt. Die damalige Weltbevölkerung bestand aus Pflanzen und anderem, Tiermenschenleiber waren darunter. Nicht der Mensch, wie er heute ist, war da. Die Seelen bereiteten sich den heutigen Leib allmählich vor. Eine geistige Flüssigkeit war rings um die Erde herum. Und nun denken Sie sich, es nähme jemand hundert kleine Schwämmchen und würde in jedes dieser Schwämmchen einen Tropfen dieser Flüssigkeit sammeln. Nun haben Sie in jedem einen Tropfen des Göttlichen. Die Seelen waren vorher im Meere der Gottheit, dann sind sie verkörpert als Tropfen. Diese Seelen waren damals noch sehr unvollkommen bei der ersten Verkörperung, aber im Keim hatten sie schon auch die höhere menschliche Wesenheit: Atma, Buddhi, Manas in sich zur Entfaltung, zur Entwickelung im Erdenleben. Der tierische Mensch hat schon die vier niederen Hüllen, aber erst mit der Seele gestaltet er sie um und erhält dann Atma, Buddhi, Manas.

Nun wollen wir diese Entwickelung esoterisch betrachten von zwei Gesichtspunkten aus: Erstens, der Mensch vergöttlicht sich immer mehr in Atma, Buddhi, Manas; zweitens, der Tropfen der Gottheit ist in ihm.

Wir wollen zuerst den höheren Menschen von seinem göttlichen Aspekt aus betrachten. Man hat in den christlichen Schulen gesagt: Erst betrachtet ihr das oberste Glied der göttlichen Wesenheit, zu dem der Mensch am Ende seiner Entwickelung aufgestiegen sein wird. Atma, der Wille, willensartiger Natur ist dieses oberste Glied. Sein Wille wird, wenn der Mensch vollkommen geworden sein wird, seine größte Macht sein. Der Wille muss dann nach außen fließen. Es wird dann beim Menschen keinen Willensentschluss mehr geben, der nicht sogleich zur Tat wird. Unser Atma ist willensartiger Natur. Die Gottheit hat uns mit dem Atma zuerst ihren Willen einströmen lassen. Der göttliche Wille lebt in uns und in allen Dingen.

Als zweites haben wir im Menschen die Buddhi. Indem die Gottheit herunterströmt in den Menschen, geht sie von Atma zu Buddhi. Wie wirkt denn der göttliche Wille? Wir können dem Verständnis des göttlichen Willens nur beikommen mit dem Begriffe des Opfers. Denken Sie sich, Sie sehen in einen Spiegel, da sehen Sie Ihre Gestalt: diese Gestalt ist Ihnen ähnlich. Denken Sie sich nun, in Ihnen wäre ein schöpferischer Wille, Sie würden dann alles, was Sie haben, all Ihr Leben, all Ihr Sein an das Bild hingeopfert haben. Sie leben damit in diesem Bilde. So können Sie das opfervolle Schaffen des göttlichen Willens begreifen. Der göttliche Wille spiegelt sich nicht nur in den Dingen, in den Bildern, sondern er opfert alles in sie hinein, und so haben Sie den geopferten göttlichen Willen im ganzen Weltenraum. So schaut der Christ in einem jeglichen Dinge der Welt ein Spiegelbild der Gottheit, des göttlichen Willens. Die hingeopferte Gottheit haben Sie im Weltenraum, und dieses Spiegelbild der Gottheit bezeichnete man im esoterischen Christentum als das «Reich». Millionenfach vermannigfaltigt zurückgestrahlt den göttlichen Willen, das empfand man als das Reich. Das, was als Atma schafft, was in uns lebt als Buddhi, was draußen schafft in der Welt, das bezeichnete man als das Reich.

Nun blicken Sie hinauf, was im Spiegelbilde lebt von der Gottheit im Kosmos. Das kann das einzelne Wesen unterscheiden durch den «Namen». Dieser ist in uns Manas, das Geistselbst, das ist unser Name. Manas ist der Name in uns und einem jeglichen Dinge draußen. So war für den Menschen der Name eines jeglichen Dinges geheiligt. Und man sagte dem Schüler: Du sollst dir klarwerden, selbst wenn du einen Bissen Brot issest, dass auch dieser ein Ding ist, in dem die Gottheit ist, und darum soll es dir heilig sein.

Insoferne unser Name in Gott ist, ist er Manas, der Name. Unsere Buddhi ist so das Reich. In unserem Atma lebt der göttliche Wille. Die göttlichen Wesensglieder des Menschen sind diese drei. Der Mensch bekam diese göttlichen Wesensglieder, und draußen in der Welt sind sie aufgezählt als Name, Reich und Wille.

Und nun denken Sie sich, der Christus wollte seine Jünger so lehren, dass er ihnen sagte: Die Gottheit nannte man den Vater und das Göttliche den Himmel. Die Vereinigung mit dem Göttlichen war nur möglich, indem dieses Göttliche sich nunmehr den höheren drei Gliedern des Menschen hingibt.

Was muss der Christ sagen, wenn er dieses ausdrücken will?

Unser Vater, der du bist in den Himmeln,
geheiliget werde dein Name,
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe wie oben in den Himmeln
also auch auf Erden.

So haben Sie in den drei ersten Bitten des Vaterunsers die drei höheren Glieder des Menschen in bestimmtester Weise ausgedrückt. Diese ersten Bitten des Vaterunsers sind aus der höheren geistigen Wesenheit des Menschen herausgebildet.

Nun betrachten wir esoterisch die vier niederen Glieder des Menschen: den physischen Leib, den Ätherleib, den astralischen Leib, das Ich.

Der physische Leib ist derjenige, den der Mensch mit allen Mineralien gemein hat und in dem die physischen Stoffe und Kräfte täglich aus- und eingehen. Wenn der Mensch seinen physischen Leib aufbauen will, muss er darum flehen, dass diese physischen Stoffe, die da draußen in der physischen Welt sind, ihm gegeben werden.

Den Ätherleib haben wir gemeinsam mit allen Menschen, die uns umgeben. Den Astralleib, den haben wir mehr als ein Persönliches. Im Ätherleibe haben wir etwas Gemeinsames in jeder Familie, in jedem Volke. Du gehörst mehr einer Art, einer Gattung an, indem du einen Ätherleib hast. Du bist mehr eine Individualität, indem du einen Astralleib hast. Du störst die Ätherleiber deiner Umgebung, wenn du nicht in Harmonie mit ihnen bist, und das nannte man die «Schuld», das, was man einem andern antut durch seinen Ätherleib. Dadurch wurde man aber auch selbst geschädigt. Schuld haftet also am Ätherleib oder Lebensleib. Du wirst dem Nächsten etwas schuldig, indem du seinen Ätherleib oder Lebensleib verletzest oder schädigst. Hüte dich davor, denn nur dadurch können dir deine eigenen Schulden vergeben werden.

Wodurch gedeiht der Astralleib? Das Abirren der Individualität vom richtigen Pfade ist die Versuchung. Der astralische Leib unterliegt der Versuchung. Alles, was die Individualität sündigt, ist die Versuchung.

Das Ich ist die Quelle der Selbständigkeit im Menschen und zugleich die Quelle des Egoismus, der Selbstsucht Das Ich ist in diesem Sinne das Übel, das Symbolum dafür. Malum heißt «Apfel» und «Übel». Der Sündenfall ist das Übel, das Fehlen aus Egoismus.

Will der Christ bitten für das rechte Gedeihen seiner vier niederen Glieder, so sagt er für diese Wesenheiten:

Unser täglich Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schulden,
wie wir vergeben unsern Schuldigern,
und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Übel.

Das sind die vier anderen Bitten des Vaterunsers.

So hat der Christ der esoterischen Schulen zu bitten gehabt, so sind diese vier Formeln für die vier unteren Glieder der menschlichen Wesenheit Sehen Sie sich die vier letzten Bitten des Vaterunser an auf die niedere Wesenheit des Menschen hin, so haben Sie da ebenso die vier Bitten für die niederen Glieder, wie Sie in den drei ersten Bitten die für die drei oberen Glieder der menschlichen Wesenheit haben. So haben Sie in den sieben Bitten des Vaterunser die Lehre von der siebengliedrigen Wesenheit des Menschen, wie sie die Geisteswissenschaft lehrt.

In allen großen Religionen gibt es kein Gebet, keine Formeln, die nicht aus der ganzen tiefen Weltenweisheit herausgenommen sind, und nur dadurch, dass sie da herausgeboren sind, haben diese Gebete ihre tiefe Wirkung. Die großen Religionen verdanken ihre tausendjährige Wirkung der Urweltweisheit.

Der Vater bringt die Urwesenheit der Welt zum Ausdruck. Man kann das nicht schöner schildern, als es im Vaterunser geschildert ist. Daher die Wirksamkeit des Vaterunsers, das zu Herzen Gehende, das Kraftvolle dieses Gebetes. Man kann nicht sagen, der naive Mensch weiß nichts von dieser Weisheit. Der naive Mensch hat dasselbe davon. Es ist ebenso, wie wenn er entzückt ist von den Blumen und auch nichts ahnt von der Weisheit, mit der sie aufgebaut sind. So kann doch seine Seele entzückt sein vom Vaterunser, ohne seine Weisheit zu begreifen. Wenn man diese Weisheit, die im Gebet lebt, auch nicht begreift, kann es doch diese Kraft für den Menschen haben. Diejenigen, die die Gebete den Menschen gegeben haben, haben sie aus der tiefsten Weisheit herausgeholt; darum die Macht des großen Weltengebetes. Das ist das Geheimnis dieser Gebete, dass sie von Eingeweihten und Religionsstiftern aus der Urweisheit geholt worden sind.

Heute ist die Zeit gekommen, dass die Menschen wissen müssen, was mit diesen Gebeten gemeint ist. Wir sollen das Vaterunser beten, und täglich. Man braucht über die Natur des Menschen sonst nichts zu wissen als das, was im Vaterunser gesagt ist. Denn damit würde der Mensch das empfangen, was die theosophische Weisheit über die Natur des Menschen zu sagen hat.

Tief war die Esoterik der Schule, die der Apostel Paulus gegründet hat. Draußen wurde das Christentum exoterisch vertreten. Dionysius, den Areopagiten, hat Paulus beauftragt, diese Weisheit esoterisch zu pflegen. So stellte man sich das Reich des Geistes in den Gewalten, Herrschaften und Mächten vor, und man sagte sich: Wenn wir so leben, wie das Vaterunser es fordert, so leben wir uns hinauf durch die Gewalten, Mächte, Herrschaften bis zu den Cherubim, Seraphim hinauf, bis zu der Gottheit selbst im Vaterunser.

Da haben Sie diese drei Stufen: «Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit» erhalten, denn diese drei Stufen sind im Reiche des Geistes.

Über das Amen zu sprechen im Besonderen, ist schwierig. Ich kann nur sagen, dass es eine alte Formel ist, etwas verstümmelt ausgedrückt.

So haben wir gesehen, inwiefern das Vaterunser und seine so mächtige Wirkung, die es in der Seele des Menschen hat, die Lehre von der Siebengliedrigkeit des Menschen darstellt. Es ist darum das wirksamste Gebet. Dieser Rhythmus, der da in einer Seele angeschlagen wurde, wurde dem bewusst, der esoterisch wusste: Der Christ hat, indem er das Vaterunser gebetet hat, menschliche Theosophie gebetet, im Gebet gelebt. – Diese Theosophie ist nichts Neues, sondern sie ist dasjenige, was in allen Herzen ist, was im Geiste erfasst wird, damit sich das Licht der Erkenntnis über das Gebiet des Göttlichen verbreiten kann. Geschieht dieses in den Herzen und Seelen, so findet der Mensch seinen Pfad zu den höchsten Höhen des Geistes, zu denen er sich entwickeln kann.“

Rudolf Steiner in der GA 97, S. 118 ff.

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„Der Mensch aber – er würde sich fortentwickeln als eine Art Ungeziefer für diesen Planeten…“
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