Homöopathie und die Infektionsthese / Klaus Binding

Homöopathie und die Infektionsthese

Hahnemann schreibt zur Krankheitsentstehung im elften Paragraphen des Organon: „… es ist ursprünglich nur diese geistartige, selbstthätige Lebenskraft (Lebensprinzip) durch den, dem Leben feindlichen, dynamischen Einfluss eines krankmachenden Agens verstimmt.“ Hahnemann wird nicht müde darauf hinzuweisen, alles „Materielle und Mechanische“ als Entstehungsgrund für Krankheiten aus „den Gedanken entfernt zu halten.“ „Dynamisch, virtuell, eine absolute, spezifische reine Macht bewirkt die Störung der Lebenskraft, ebenso wie die dynamische Kraft der Arzneien.“ „Durch bloß spezifische, geistartige Einwirkung“ werden Masern oder Menschenpocken „in der Entfernung, ohne etwas Materielles“ übertragen.
Man kann davon ausgehen, dass Hahnemann die Arbeiten von Antoni van Leeuwenhoek kannte, in denen dieser Bakterien im menschlichen Speichel beschrieben hatte. 1741 entwickelte Johann von Muralt aus Zürich seine Pathogenese der Pest. Er sprach von „Ansteckungswürmlein“, die die pestilenzialische Seuche verursachen. Auch Goethe betrieb eifrig naturwissenschaftliche Studien und konnte unter dem Mikroskop Bakterien ausmachen. Er bemerkte „zahllose, bewegte Pünktchen.“
Hahnemanns Hygiene-Vorschläge (staatliche Zwangsmaßnahmen, wie 1892 später auch von Robert Koch – vergeblich – eingeführt) aus seinen frühen Schriften werden oft von materialistisch denkenden Therapeuten als intuitive Vorausschau auf das Zeitalter der bakteriellen Infektionen fehl gedeutet. Zu den Ursachen zählt Hahnemann vergiftetes Wasser, schlechte Atemluft, tote Tiere, Leichengift, Hunger und Mangelernährung, soziale Missstände und Mutlosigkeit. Zwischen seinem „Freund der Gesundheit“ und der endgültigen Auflage des Organon liegen 47 Jahre des Forschens und Erkennens. Richard Haehl unterstellt Hahnemann im Anhang des Organon naive Unwissenheit, weil „die wirklichen Ursachen der epidemischen Krankheiten, die verschiedenen Bakterienarten, beim Auftreten Hahnemanns gar nicht bekannt gewesen sind.“
Über die „Speisekrankheit“ und Entdeckung der ihr zugrunde liegenden Pilzwucherung (L.Sette, Arzt), und J. Schroeters Pilzbestimmung (Bacillus prodigiosus) und isolierte Anzüchtung, war ein vages Fundament zur Erklärung der Krankheitsentstehung geschaffen worden. 1834 war auch die Krätzmilbe als parasitäre Krankheitsursache amtlich (Renuzzi), obwohl schon C. Benomo 1687 beschrieb, wie in Livorno die Mütter von krätzekranken Kindern die Milben „jagten“ und töteten. J.E. Wichmann(1740-1802) beschrieb ebenso die Milbe als Verursacher, wurde aber von der Wissenschaft nicht ernst genommen, da seine Entdeckung in kein medizinisches System passte.
Man kann voraussetzen, dass Hahnemann in wissenschaftlicher Hinsicht auf dem Laufenden war und über die neuen Ideen der Krankheitsentstehung informiert war.
James Tyler Kent (1849-1916), Hahnemanns genialster Nachfolger schreibt in seinen Vorlesungen zum Organon: „ In Wahrheit ist die Entwicklung der Tuberkel primär, erst nachher kommen die Bazillen. Niemals werden Bazillen vorgängig dem Turberkelknötchen gefunden, nein, sie folgen ihnen erst nach und spielen dann eine reinigende Rolle, vergleichbar der Kehrichtbeseitigung. Die tiefere Ursache der Tuberkelbildung liegt in der Psora – dem chronischen Miasma. Die Mikroben sind NICHT die Ursache der Krankheiten, sie erscheinen erst, wenn letztere schon deutlich ausgebrochen sind. Die Allopathen verwechseln Ursache und Wirkung, nehmen den Effekt für die Ursache und verfallen so einer falschen Theorie, der Theorie der bakteriellen Erreger.“ Kent kannte die offizielle Infektionsthese, die 1876 ihren ersten Höhepunkt erreichte, als Robert Koch den „Erreger“ des Milzbrandes dingfest gemacht hatte.
Kent betont: „…. dass Hahnemann die Ansicht von der bakteriellen Ätiologie der Krankheiten nie geteilt hat.“ Am Beispiel der Tuberkulose verdeutlicht Kent die Unhaltbarkeit der Infektionsthese. Er hatte tuberkulösen Eiter mit Alkohol ausgefällt und zur C 30 dynamisiert. Obwohl in der 30.Potenz „keinerlei Spur von Bazillen mehr drin sein kann, erzeugt diese C 30 beim Versuch am gesunden Menschen die ursprüngliche Form der Krankheit.“
Bei einer korrekten Arzneimittelprüfung ist davon auszugehen, dass das Prüfungsmittel eine Krankheit nicht nur simuliert, sondern real mit allen dazugehörigen Attributen erzeugt ( bei einer Vielzahl von Prüflingen mit unterschiedlichen Empfänglichkeiten) – die Mikroben tauchen bei den Prüfungssymptomen nicht auf und können schon deshalb nicht als aktive Krankheitserreger angesehen werden. Eine Arzneimittelprüfung mit lebenden, potenzierten Mikroben gibt es nicht. Es werden tote organische oder anorganische Stoffe geprüft. Die Mikroorganismen, die bei verschiedenen klinischen Bildern nachgewiesen werden, sind keine Erreger, aber können auch nicht als allgemeine Symptome verstanden werden, sondern müssen als Begleitkeime definiert werden, die „Milieu-Reinigung“ betreiben.
Man weiß schon lange, dass Mikroben immer erst in einem späteren Abschnitt der Erkrankung nachgewiesen werden können… schon aus diesem simplen Grund können sie nicht Verursacher der Erkrankung sein.
Das Grunddogma der Infektionstheorie lautet: Mikroorganismen sind die Erreger der Infektionskrankheiten, sie werden von einem infizierten Mensch (oder Tier) auf einen anderen übertragen. Die erste kritische Frage dazu heißt: Woher sind die ersten Mikroben gekommen? Sie können nicht aus dem Nichts gekommen sein, sie müssen sich irgendwo gebildet haben und dann vom Infizierten zum Gesunden gewechselt haben. Diese Frage ist charakteristisch für den heutigen wissenschaftlichen Reduktionismus: Es lässt sich kein Anfang erklären!
Zur Frage der Übertragbarkeit darf man naiv fragen: Wer hat schon Mikroben von Mensch zu Mensch durch die Luft fliegen sehen (Luft-Keim-Theorie), wie Hochschulmediziner offiziell behaupten? Zumal die Luft ein völlig anderes, wechselhaftes Milieu darstellt als z.B. Schleimhäute. Ist je erforscht worden, wie lange Mikroben außerhalb ihres Ursprungsmilieus überlebensfähig sind? Oder wie weit Mikroben „fliegen“ können? Beim Übertragungskonzept der Mikroben wird aus deren nachweislicher Anwesenheit auf einen Bewegungsprozess gefolgert.
Von offizieller Seite ist am 14. Mai 2013 eine Studie führender europäischer Infektologen veröffentlicht worden, die die bisherige Infektionstheorie komplett in Frage stellt und widerlegt. Die Studie ergab bei Kinderuntersuchungen, dass die Bakterien, die als Krankheitsverursacher bezeichnet werden, auch ständig in gleicher Anzahl in gesunden Kindern vorhanden sind. Es kommt nichts von außen in den Organismus. Es ist alles schon immer da! Wir verdanken diese „neuen“ Erkenntnisse einem Forscherteam um Albert D.M.E. Osterhaus, dem führenden Schweine- und Vogelgrippen-Virologen. Leider werden aus den Forschungsergebnissen die falschen Schlüsse gezogen. Es heißt nun, die schon immer vorhandenen Bakterien würden mit den menschlichen Genen kommunizieren, um danach pathogen zu werden und Infektionen auszulösen. Nach welchen Kriterien die „Zusammenarbeit“ zwischen Genen und Bakterien ablaufen soll, bleibt ungeklärt. Warum Bakterien nach jahrelangem Schlummer plötzlich mit Genen Informationen austauschen und dann zu Krankheitserregern werden sollen, hört sich nicht minder abenteuerlich an. Statt eines generellen Umdenkens wird zur nächsten Hypothese übergegangen: der gen-induzierten, persönlichen Infektion.

Quellen:
Organon der Heilkunst, 6. Auflage
Zur Theorie der Homöopathie, J.T. Kent
Ciba-Zeitschrift, Basel, Nr.14
WissenSchafft Plus, Klein-Klein-Verlag
Natur-Ganzheit-Medizin, Harald Zycha

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Autor: Klaus Binding, Gifhorn
klaus-binding@web.de

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