„…mit medialen Persönlichkeiten hat man in der anglo-amerikanischen Welt die Prinzipien erfahren, durch die man politisch gegen Europa und gegen Asien die Erfolge hat erringen können“ Rudolf Steiner

Kurzauszüge aus dem 14. und 15. Vortrag:

aus RUDOLF STEINER
Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen
GA 192
Siebzehn Vorträge, gehalten in Stuttgart – zwischen dem 21. April und 28. September 1919

VIERZEHNTER VORTRAG
Stuttgart, 20. Juli 1919

„…so wird man finden, daß selbst bei diesen aufklärerischen Leuten in ihre Ideen überall etwas hineinspielt, was irgendwie von übersinnlichen Erkenntnissen über den Gang der Welt beeinflußt ist. Das gewinnt man innerhalb der anglo-amerikanischen Welt durchaus, seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts insbesondere, auf eine Art medialem Wege. Den Weg, der hier zum Beispiel vorgeschlagen worden ist in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», der der gerade Weg aus der Ent-wickelung der menschlichen Seelenkräfte heraus ist, diesen Weg liebt man in der westlichen Welt nicht. Man macht das in der westlichen Welt so, daß man gewisse Menschen aufsucht, die man zu einer Erkundigung über die geistige Welt für besonders geeignet hält, Menschen, die mehr oder weniger mediale Anlagen haben. Diejenigen, die das nicht glauben, was ich jetzt auseinandersetzen werde, die, beziehungsweise die nachfolgenden Generationen, werden diesen Unglauben schwer zu büßen haben. Mediale Persönlichkeiten sucht man sich aus.
Diese medialen Persönlichkeiten werden in andere Bewußtseinszustände, in tranceartige Bewußtseinszustände gebracht, und wenn man die entsprechenden Machinationen kennt, durch welche, nach der Stillegung des äußeren Verstandes, aus solchen medialen Persönlichkeiten das sich offenbart, was sie im Unterbewußtsein in sich tragen, dann bekommt man eben dasjenige heraus, was im Unterbewußtsein dieser Persönlichkeiten ruhte. Und aus solchen medialen Persönlichkeiten heraus hat man insbesondere im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts in der anglo-amerikanischen Welt die Prinzipien erfahren, durch die man politisch gegen Europa und gegen Asien die Erfolge hat erringen können, die man errungen hat. Man hat einfach Persönlichkeiten, die dazu geeignet waren, in eine gewisse Trance gebracht, und dann haben sie aus dieser Trance heraus die Aufgaben für die anglo-amerikanische Welt entwickelt…

So wie man heute erforschen kann, daß der natürliche menschliche Organismus aus diesen drei Gliedern besteht, aus dem Nerven- oder Sinnesorganismus, aus dem rhythmischen Organismus, der an die rhythmische Tätigkeit der Atmungs- und Herzorganisation gebunden ist, und aus dem Stoffwechselorganismus, sowie man das heute erforschen kann, so wurde es in alten Zeiten nicht erforscht. Aber man hatte in alten Zeiten eine gewisse instinktive, atavistische Erkenntnis von diesen Dingen. Und der Orient, welcher besonders weit gekommen war in bezug auf die alte Art, in die übersinnliche Welt hineinzuschauen und übersinnliche Erkenntnisse zu gewinnen, dieser Orient hat sich auch für heute noch immer die Instinkte bewahrt, im Leben anzuwenden, was man aus solcher übersinnlicher Erkenntnis gewinnen kann. Daher sucht der Orientale heute noch immer nach übersinnlichen Impulsen, gerade wie der Okzidentale es tut; aber er sucht nach übersinnlichen Impulsen in einer entgegengesetzten Weise. Der Orientale versucht nicht, durch mediale Machinationen, wie der Bewohner der anglo-amerikanischen Welt, den Verstand auszuschalten, sondern im Gegenteil, er versucht den Verstand zu befruchten. Das heißt, er versucht den Nerven-Sinnes-menschen zu befruchten vom rhythmischen Menschen aus. Daher werden Sie im Oriente finden, daß denjenigen, die etwas Übersinnliches erkennen wollen, vor allen Dingen eine Trainierung der menschlichen Atmungstätigkeit anempfohlen wird, eine Trainierung des ganzen rhythmischen Menschen. Die orientalischen Yoga-Übungen, welche diesen Leuten des Orients eine wirkliche Erkenntnis vermitteln sollen, diese orientalischen Yoga-Übungen gehen darauf aus, den rhythmischen Menschen so zu trainieren, daß durch eine gewisse Art des Atmens, durch eine gewisse Technik der Herzbewegungen Einfluß geübt wird auf den menschlichen Verstand, der sonst nur an das leibliche Werkzeug gebunden ist. Indem sich der Orientale gewissen Yoga-Übungen hingibt, hebt er das gewöhnliche rhythmische Atmen und die gewöhnliche Herztätigkeit aus ihrem natürlichen Gang heraus und versetzt sie in einen solchen Gang, daß sie Einfluß auf den Verstand gewinnen, der sonst nur auf die Sinneswelt hingerichtet wäre, und der durch diesen Einfluß gleichsam in sich infiltriert bekommt Erkenntnisse der übersinnlichen Welt. So hat auch der Orientale, auf dem entgegengesetzten Wege wie der Okzidentale, wirkliche Erkenntnisse der übersinnlichen Welt. Diese beiden Erkenntniswege, sie geben auch wirkliche Erkenntnisse. Aber gerade so, wie der Amerikaner und der Engländer als Okkultisten, aus den Gründen, die ich Ihnen angeführt habe, Erkenntnisse bekommen, die im volksegoistischen Sinne liegen, so bekommt der Orientale dadurch, daß er unmittelbar an den Leib, der von den Rassenimpulsen durchglüht ist, herangeht mit seinen Yoga-Übungen, rassenegoistische Impulse. Zwischen die volksegoistischen Impulse des Westens und die rassenegoistischen Impulse des Ostens sind wir eben einmal eingeklemmt. Aber es sind Erkenntnisse zu gewinnen auf diesem Wege. Und diejenigen, die im Westen und im Osten auf diesem Wege Erkenntnisse gewinnen, die lachen einfach über die Europäer, welche glauben, auf dem Wege ihrer Wissenschaften oder ihrer sozialen Betrachtungen wirkliche Erkenntnisse zu gewinnen. Das, was die Europäer faseln aus ihrer Naturwissenschaft heraus, aus ihrer sogenannten Kausalerkenntnis heraus, das, was sie dann hineinfaseln aus ihrer Denkweise in ihre soziale Wissenschaft und soziale Agitation, das betrachtet der westliche Mensch und der östliche Mensch eben als eine Faselei, was es im Grunde genommen gegenüber der wirklichen Erkenntnis auch ist. Denn dasjenige, was in unseren europäischen Wissenschaften und in unseren europäischen Agitationsimpulsen steckt, das ist gegenüber den wirklichen Kräften, welche die Menschheitsentwickelung leiten, eben durchaus eine bloße Faselei. Und deshalb, weil wir in einer bloßen Faselei leben, weil wir alles ablehnen, was aus der Wirklichkeit herausgegriffen ist, deshalb kommen wir in das Unglück hinein…

Das, wovon die äußere Naturwissenschaft redet, das sind ja wirklich nur die an die Oberfläche des Lebens treibenden Wellen. Diese äußere Naturwissenschaft redet von dem, was im physikalischen Laboratorium erforscht wird, was durch Teleskop und Mikroskop beobachtet wird, sie redet von dem, was an der Leiche beobachtet wird, sie redet von allem, was tot in der Entwickelung ist. Sie redet nirgendwo von dem, was lebendig in der Entwickelung ist. Denn es gibt kein Reagenzglas für irgendein Laboratorium, es gibt keine Reaktion chemischer Art, durch welche man feststellen könnte dasjenige, was einzig und allein festgestellt werden kann durch die übersinnliche Erfahrung des Menschen selbst. Der Mensch allein, der lebendige Mensch ist es, durch den die großen Geschehnisse erforscht werden können. Die großen Geschehnisse des Erdendaseins darf man nicht erforschen, indem man sich an die Retorte im chemischen Laboratorium wendet. Die großen Geschehnisse des Erdendaseins, man muß sie dadurch erforschen, daß man sich an dasjenige Wesen wendet, wo die starken Reaktionen geschehen, an den Menschen selbst. Aber wenn man die Menschheitsentwickelung nur so vor sich hinstellt, wie sie heute ist, kommt man eben auf die wichtigsten Sachen nicht; man muß sie durch Jahrtausende anschauen, und das ist wirklich nur durch übersinnliche Erkenntnis möglich…

Das ist im Grunde genommen doch die wahre Ursache auch für die sozialen Schäden, die seit der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts in Europa aufgetreten sind: diese Ideale der europäischen materialistischen Menschheit, ja nicht die eigene seelische und geistige Entwickelung in die Hand zu nehmen, sondern so zu bleiben, wie man geboren ist, und wie man sich entwickelt mit möglichstem Ausschluß jeder geistigen und seelischen Entwickelung…

Aber Sie sehen auch, zu diesem Wege gehört etwas Anstrengung. Man muß etwas tun mit sich selbst. Man muß die Geduld haben, seine Seelen- und Geisteskräfte zu entwickeln. Denn seit der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts entwickeln sich diese Seelen- und Geisteskräfte nicht mehr so, daß man bloß zu essen braucht und dann aus dem Verdauen der Speisen aufraucht dasjenige,was uns infiltrieren kann mit geistigen Anschauungen. Wir müssen sozusagen unsere Entwickelung seit dem fünfzehnten Jahrhundert selber in die Hand nehmen, wenn wir nicht töricht bleiben wollen…“

FÜNFZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 3. August 1919

„Daß es so etwas wie die Notwendigkeit einer Neueinstellung des Menschen in unserer Zeit gibt, das sollte ja gerade aus den Betrachtungen hervorgehen, die hier und sonst in dieser Zeit vor Ihnen gepflogen worden sind. Daß die Art des Urteils, wie sie üblich war in der bisherigen Zeitepoche, nicht mehr den Menschen in die Zukunft hinübertragen kann, das ist notwendig heute einzusehen. Man muß dieses immer wieder und wiederum betonen, weil ja gerade gegen dieses sich die Gefühle und Empfindungen des Gegenwartsmenschen noch am meisten sträuben. Der Gegenwartsmensch möchte auch beim Heraufführen einer neuen Zeit gewissermaßen dabeisein – das leuchtet ihm ja so dunkel ein, daß eine neue Zeit herankommen müsse -, aber er möchte selbst kein anderer werden. Er möchte die Dinge sofort beurteilen, wie er eben bisher gewohnt war, sie zu beurteilen. Und selbst wenn er sich einmal aufrafft, um zuzugeben, daß eine neue Beurteilungsart Platz greifen muß, so fällt er doch immer wieder und wiederum in die alte Art des Vorstellens zurück. Er tut das ganz besonders aus dem Grunde, weil die neue Einstellung ja tatsächlich ein radikales In-sich-Gehen des Menschen fordert. Und dieses radikale In-sich-Gehen, das ist dem Gegenwartsmenschen eigentlich sehr, sehr unangenehm…

Man kann sagen: Dasjenige, was heute in einer radikalen Weise aus den menschlichen Herzen als Forderungen sich ergibt, das hat eigentlich immer schon mehr oder weniger geglimmt unter der Oberfläche des Bewußtseins der Menschen… aber alle Dinge, die sich entwickeln, sie entwickeln sich eine Zeitlang immer unvermerkt und werden dann erst völlig reif, hervorzubrechen und ganz radikal ins Dasein zu treten…

Und man wird schon auf der einen Seite sich darauf einlassen müssen, die Dreigliederung außen im sozialen Leben als eine Notwendigkeit zu erkennen, aber auch die Dreigliederung des Menschen selber als eine naturgegebene Tatsache anzuerkennen. Daß der Mensch diese Dreigliederung aber nicht so hübsch nebeneinander geschachtelt hat, sondem daß ein Glied immer in das andere übergeht, das beirrt gerade den an seine alten Vorstellungen gebundenen neuen Menschen. Denn natürlich, wenn ich spreche von Kopforganisation, von Nerven-Sinnesorganisation, so ist diese Kopforganisation, äußerlich angeschaut, zunächst im Kopfe zentriert. Im Kopfe, im Haupte hat sie ihren Mittelpunkt. Aber sie sendet in den ganzen übrigen Menschen hinein die Ausläufer, die notwendig sind; denn das Sinnes vermögen ist ja im ganzen Menschen drin. Das heißt: der Mensch ist als Hauptesmensch nur der Hauptsache nach Nerven-Sinnesmensch; der ganze Mensch ist Nerven-Sinnesmensch. Und als Rhythmusmensch ist der Mensch Brustmensch. Das rhythmische System, das Atmungs- und Zirkulationssystem hat in der Brust seinen Mittelpunkt. Also es handelt sich darum, daß der Mensch als Rhythmusmensch Brustmensch ist. Das Atmungs-Zirkulationssystem ist lokalisiert in dem Brustsystem, aber natürlich wird der Rhythmus, die rhythmische Tätigkeit wiederum hineingesendet, sowohl in das Hauptsystem wie in das Stofrwechsel-system. Also nur der Hauptsache nach ist der Brustmensch Rhythmusmensch. Und ebenso ist es mit dem Stoffwechsel. Selbstverständlich ist auch im Haupte, auch in der Brust, der Stoffwechsel vorhanden, aber reguliert wird er von dem Gliedmaßensystem, so wie ich es immer charakterisiert habe. Da läuft also dasjenige, was als Glieder angeführt werden muß, in das andere hinein. Das beirrt natürlich die Menschen, die immer Striche machen möchten, und die nur ganz nebeneinanderstehend haben möchten das, was ihnen einfällt einzusehen…
Man glaube aber durchaus nicht, daß diese Dinge etwa nur eine Bedeutung haben für das Erkennen oder für die Weltanschauung. Diese Dinge haben ihre ganz besondere Bedeutung für das Leben der Menschheit, für die ganze Einstellung in das Leben. Und das muß ganz genau berücksichtigt werden. Man muß von diesem Gesichtspunkte aus dann unser gesamtes Leben erst beurteilen und dann sich die Frage stellen: Wie muß es sich neu gestalten? Wir haben ja in einem gewissen Sinne in unserem Leben eine Dreigliederung…

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Okkulte Brüderschaften, der Christus-Impuls und Schwarze Magie. Kurztext von Rudolf Steiner
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